Dienstag, 19. Februar 2008

Zynismus kommt vor dem Fall

Es ist vollbracht: auf kaum verdecktes Betreiben der USA und Großbritanniens sowie ihrer schwanzwedelnden erneuten Mitläufer Frankreich und Deutschland hat sich das Kosovo für unabhängig erklärt. Im vermeintlich unlösbaren Konflikt rund um diese Region wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen und ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Noch nie wurde seit dem Zweiten Weltkrieg das Prinzip der territorialen Unantastbarkeit eines souveränen Staates derart ignorant mit Füssen getreten und die vermeintlich zivilisierte Welt ihre Mißachtung des internationalen Rechts derart demonstriert. Einem christlichen europäischen Land wurde unter Beifall der USA und ihrer Mitläufer ein historisches und kulturelles Herzstück rausgerissen, das erst in Folge der albanischen Kollaboration mit den Achsenmächten und der Vertreibung der Serben im Zweiten Weltkrieg eine albanische Mehrheitsbevölkerung bekam.

Zur Begründung dieses beispiellosen Vorgehens liefert der Westen die Argumente, dass der Kosovo-Konflikt unlösbar und einzigartig sei. Beides ist eine Lüge: das Kosovo ist weder unlösbar noch einzigartig. Unlösbar wurde es erst dadurch, dass die Amerikaner den Albanern ständig ins Ohr flüsterten, dass diese bald ihre Unabhängigkeit bekommen würden und so jegliche Verhandlungen von vornherein ad absurdum führten, da die Albaner, um die Erfüllung ihrer Maximalforderungen wissend, an Einigungen gar nicht interessiert waren. Serbien hatte den Albanern eine weitreichende Selbstverwaltung angeboten. Die Europäer haben während der ganzen Zeit jedoch nur Druck auf eine Seite ausgeübt - die Serben, anstatt auch den Albanern die Grenzen der Unterstützung aufzuzeigen und sie unter Einigungsdruck zu setzen. Am Ende dieses absurden Spiels hieß es zynisch: das Kosovo-Problem ist unlösbar, denn beide Seiten konnten sich nicht einigen.

Genauso wenig ist das Kosovo-Problem einzigartig. Dieses Mantra stammeln die Amerikaner, um die anderen Regionen, die mit gleicher Berechtigung für Unabhängigkeit kämpfen, aber das Unglück haben, nicht in die politische Konjunktur des Westens zu passen, vom Loslösen von ihren Amerika-freundlichen Mutterstaaten (wie z.B. Georgien) abzuhalten. Bei sehr vielen Separatismus-Herden handelt es sich jedoch ebenfalls um ethnische Konflikte mit vorangegangener Gewalt und Kriegen, und im Gegensatz zu den zugewanderten Albanern, auch noch um jahrhundertealte Stammbevölkerungen. Warum hier mit zweierlei Maß gemessen werden soll, ist absolut unklar.

Russland warnte, dass mit der Anerkennung Kosovos eine weltweite Pandora-Büchse geöffnet werden könnte. Die treuesten Lakaien der USA ignorierten diese Bedenken und beeilten sich um Anerkennung gleich in den ersten Tagen. Russlands Standpunkt wird jedoch von Ländern geteilt, die selbst mit Separatismus-Problemen zu kämpfen haben, etwa Spanien, Rumänien oder Zypern. Eine einheitliche EU-Position zu diesem Problem hat sich schon mal als Illusion herausgestellt. Es entsteht jetzt eine absurde Situation, in der das Kosovo von der Hälfte der Welt anerkannt wird und von der anderen nicht. Es wird nie in der UNO repräsentiert sein und ein vollwertiger Staat werden können.

Gegen die "Abweichler" wird schon Stimmung gemacht, beispielsweise titelte das Wall Street Journal ihren Leitartikel zum Kosovo damit, dass Russland und Serbien dem Kosovo "Böses wünschen". Es sind also die guten freiheitsliebenden Kosovaren, denen die bösen Problemländer keine Sympathie entgegenbringen wollen. Dass es sich beim Kosovo jedoch um ein kriminelles und ohne Außenhilfe überlebensunfähiges Nest handelt, während die Serben und die Russen sich auf das gültige Recht berufen, bekommt der 0815-Ami nicht erzählt.

Es ist eine Ironie des Schicksals, wenn ausgerechnet Europa, wo mittlerweile in beinah jedem Land starke und schnell wachsende islamische Minderheiten leben, eine islamische Kolonisation eines Teils Europas politisch absegnet. Eine derartige Heuchelei schreit geradezu danach, dass diese Länder mittelfristig dasselbe Schicksal verdienen, dessen Realisierung heute ohnehin schon in vollem Gange ist. Gemessen an den demographischen Tendenzen könnte im Jahr 2050 das Kosovo-Szenario in ganz Europa relevant werden. Anstatt mit anderen Ländern solidarisch zu sein, die dieses Schicksal früher erlebt haben, wird ihre Lage heute für politische Willkür ausgenutzt. Einen alten Spruch leicht abändernd kann man sagen: Zynismus kommt vor dem Fall.

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Eine exzellente Analyse des kriminellen Treibens im und um das Kosovo kann man hier nachlesen: Die Totgeburt eines Staates

Mittwoch, 6. Februar 2008

Russophobes Fossil auf dem Vormarsch

Mit seinen Siegen über die anderen republikanischen Kandidaten-Kandidaten beim "Super Tuesday", die in Europa mittlerweile ähnlich penibel verfolgt werden, wie in den USA selbst, hat der stockkonservative Arizona-Senator John McCain nun die besten Chancen, der Kandidat der republikanischen Partei fürs Präsidentenamt zu werden und dabei entweder gegen Hillary Clinton oder Barack Obama anzutreten. Bei den Demokraten gibt es da zur Zeit weitaus weniger Klarheit.

Spätestens seit seinem Abschuss im Vietnamkrieg, als er Bombeneinsätze flog und gefangengenommen wurde, war John McCain ein strammer Kommunistenhasser. Sein steifer amerikanischer Patriotismus erinnert bisweilen an kitschige Hollywood-Filme. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges hat der Bilderbuch-Neocon sich nicht entspannen können oder wollen. Stets blieb er einer der schärfsten Russland-Kritiker, wahrscheinlich in Erinnerung daran, dass es eine sowjetische Luftabwehr war, die ihn damals vom Himmel holte.

Im ehemaligen KGB-Mitarbeiter Putin fand McCain ein perfektes Haßobjekt. Unermüdlich überzeugt er seitdem die amerikanische Öffentlichkeit, dass Russland gegenüber ein hartes Vorgehen eingeschlagen werden muss und zählt alle möglichen Vorurteile auf, die ein geopolitischer Falke im Demokratie-Schafspelz nur haben kann. McCain fordert seit Langem den Ausschluss Russlands aus der G8 sowie noch größere finanzielle Hilfen für "Demokratiebewegungen" im postsowjetischen Raum, auf Deutsch: Einmischung und Manipulation. Im gleichen Atemzug beschuldigt er Putin unter anderem der Einmischung in die Ukraine-Wahlen 2004 (siehe Video oben), die in Wirklichkeit im Gegensatz zu den amerikanischen finanziellen Strömen via NGOs allenfalls symbolisch war. Rot vor Wut saß er da bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007 und starrte demonstrativ die Decke an, als Vladimir Putin seine von den meisten Deutschen als zutreffend empfundene berühmte Rede hielt und den USA das Streben nach einer monopolaren Welt vorwarf. Man hätte den Eindruck bekommen können, McCain würde jede Minute mit den Fäusten auf das Rednerpult zustürmen.

Sollte der 72-jährige Dogmatiker, der bei seinen Auftritten auch mal "Bomb, bomb Iran" singt und weitere Kriege ankündigt, tatsächlich das Rennen fürs Präsidentenamt gewinnen, wäre das eine schlechte Nachricht für die Welt. Amerika könnte außenpolitisch endgültig zu einem rücksichtslosen, ideologisch verblendeten Willkürakteur werden, der seine bisherigen politischen und propagandistischen Taktiken bis zum Äußersten ausreizt. Enttäuschend, dass viele US-Bürger anscheinend genau das wollen.

Andererseits meint der russische Politologe Fjodor Lukjanov, McCain würde sich als Präsident einen allzu scharfen Konfrontationskurs mit Russland gar nicht leisten können. Es gebe objektive Umstände, vor allem im Nahen Osten, die die Amerikaner auf die Unterstützung Russlands angewiesen machen. Es sei ein Unterschied, ob man folgenlose Sachen als verantwortungsloser Senator daherredet, oder als Verantwortung tragender Präsident auftritt. Auf McCain warteten andere Probleme, wie die kommende amerikanische Rezession, als dass er genügend Spielraum und Zeit für die Realisierung seiner Russland-Eindämmungs-Träume hätte. Um Amerikas derzeitige innen- und außenpolitische Probleme zu meistern, wird der kommende Präsident viel Flexibilität mitbringen müssen. Inwieweit dazu ausgerechnet ein 72-jähriger Kalter Krieger fähig wäre, darf generell bezweifelt werden.