Der erste, mit dem Titel "Ich, Putin", versuchte ein Porträt Putins aus allernächster Nähe zu zeigen, was nicht zuletzt durch Putins freundliches Entgegenkommen möglich wurde - etwas, was man bei den meisten westlichen Politikern vergeblich sucht. Die Chance, etwas Neues und Interessantes zu zeigen, wurde von dem Macher Hubert Seipel allerdings kläglich vertan: altbekannte Stereotypen, selektive Bilder, aus dem Kontext gerissene Auftrittsfetzen.
Als vermeintliches Gegengewicht wurde gleich im Anschluss ein zweiter Film gezeigt: "Zarendämmerung" von Ina Ruck. Dort wurde ausgiebig und pathetisch über die "breite" Protestbewegung gegen Putin berichtet, wobei fast immer nur Bilder aus ein und derselben Demo gezeigt wurden. Ohne die Parteilichkeit für die Protestler zu verstecken, schienen die Macher fleißig gewesen zu sein und alle noch so marginalen Aktivisten ausgegraben zu haben: den Rapper Noize MC, einige hirnverbrannte Dörfler (gerade bei Putins nachweisbar erhöhten Popularität auf dem Land), ein versprengtes Trupp der Aktivisten aus Jekaterinburg (eigentlich gilt der Ural als Putins Hochburg). Und natürlich einige aus der immer unzufriedenen und schluchzenden Petersburger Intelligenzija, die geistig auf ihrem eigenen Planeten lebt.
Die vermeintliche Ausgewogenheit des Filmpaares - ein Film über Putin und einer über die Protestbewegung - war in Wahrheit eine Mogelpackung. Für ein ausgeglichenes Bild fehlte nämlich die entscheidende Komponente: die große Mehrheit der repräsentativen Russen. Ihre Argumente, ihre Lebensentwicklung in den letzten Jahren, ihre Meinungen und Präferenzen. Kein Wort konnte man über die wahren Meinungsverhältnisse im Land erfahren (siehe Beitrag unten), die auch von den unabhängigen Instituten bezeugt werden. Über die große Mehrheit kann man im deutschen Fernsehen höchstens aus ein paar verächtlichen Worten der Minderheit erfahren.
Die Fakten aus Putins Bilanz sind offen zugänglich und von niemandem widerlegbar. Eine Reihe von Kennzahlen sprechen eine deutliche Sprache: auf der einen Seite über das von ihn geerbte völlig desolate, auf den Zerfall zusteuernde und in jeglicher Hinsicht heruntergekommene Land, ob wirtschaftlich, sozial oder ethisch-moralisch. Auf der anderen Seite das wiedererstarkte Land, das wieder Optimismus für die Zukunft schöpfen kann. Hier eine kleine Übersicht schlichter Fakten, auf die kein deutscher Sender seine Aufmerksamkeit fokussieren wird:
Kennzahl | 2000 | 2010 | Veränderung |
---|---|---|---|
BIP in Mrd. US-$ | 1.123 | 2.211 | +96,7% |
Außenhandel in Mrd. US-$ | 149 | 648 | +432% |
Handelsbilanz in Mrd. US-$ | 61 | 152 | +250% |
Außenschulden in Mrd. US-$ | 166 | 28 | -83,3% |
Inflation in % | 20,2 | 8,8 | -56,5% |
Industrieproduktion | 100% | 147% | +47% |
Löhne, inflationsbereinigt | 100% | 242% | +142% |
Renten, inflationsbereinigt | 100% | 331% | +231% |
Einzelhandel | 100% | 256% | +156% |
Armutsrate in % | 29 | 12,6 | -56,6% |
Arbeitslosigkeit in % | 10,6 | 7,5 | -29,2% |
Geburten in Tsd. | 1.267 | 1.790 | +41,3% |
Sterbefälle in Tsd. | 2.225 | 2.031 | -8,7% |
Bevölkerungsabnahme in Tsd. | 959 | 241 | -74,9% |
Säuglingssterblichkeit in Tsd. | 19,3 | 13,4 | -30,6% |
Lebenserwartung in Jahren | 65,3 | 69 | |
Verbrechen in Tsd. | 2.952 | 2.629 | -10,9% |
Morde in Tsd. | 31,8 | 15,6 | -50,9% |
Selbstmorde in Tsd. | 56,9 | 33,3 | -41,5% |
Alkoholvergiftungen in Tsd. | 37,2 | 14,4 | -61,3% |
Abtreibungen pro 100 Geburten | 168,8 | 66,3 | -60,8% |
Quelle: Rosstat, das russische Statistikamt
Anhand dieser Zahlen wird deutlich, was Putin für Russland geleistet hat. Die Millionen Menschenschicksale, die hinter diesen Zahlen stehen, bilden genau jene Mehrheit, die Putin am 4. März wiederwählen wird. Und genau jene Mehrheit, die keine Stimme in der deutschen Medienlandschaft bekommen soll und höchstens nebenbei als eine gehorsame dumme Biomasse erwähnt wird.
Doch trotz all der Unscheinbarkeit und der untergeordneten Rolle dieser Fakten in den Ausführungen der Vorderste-Front-Propagandisten wie Ina Ruck, Michael Stürmer, Benjamin Bidder, Britta Hilpert, Anne Gellinek und wie sie alle heißen, sind genau diese Fakten der wahre Grund für den abgrundtiefen Hass der westlichen Eliten auf Putin.
Denn Putin verkörpert ein Russland, das niemand von ihnen gerne sieht: ein materiell und vor allem mental selbstgenügsames Land, ohne ausgestreckte Hand, ohne williges Fügen unter die westliche Lehrmeisterei, ohne Marionetten wie Jelzin, für den der Westen massiv gefälschte Wahlen wie 1996 kritiklos hinnahm. Ein Land, das seine Reichtümer nicht für einen Appel und ein Ei verscherbelt. Ein Land mit eigener Meinung, eigenen Interessen und vor allem wieder mit einer Zukunftschance. Genau dieses Herumreißen des Ruders ist das, was Putin nicht verziehen werden kann. Ein wiedererstarkendes Russland reizt. Es erscheint nach dem Ende des Kalten Krieges unverständlich, unerwartet und widernatürlich.
Für die Mehrheit der Menschen in Russland bleibt die westliche Hetze im digitalen Zeitalter nicht unbemerkt. Viele fragen sich, warum der Westen umso mehr gegen Putin hetzt, je besser es Russland geht. Und kommen unweigerlich zu der simplen und korrekten Schlußfolgerung: Es handelt sich um pure Mißgunst gegen Russlands Gesundung. Folgerichtig werden Meinungen aus dem Westen schon seit geraumer Zeit mit umgekehrten Vorzeichen wahrgenommen.
Vielleicht wird es die genannten "Journalisten" und ihre Zunftkollegen überraschen, doch auf diese Weise wirken sie durch ihr propagandistisches Abmühen sogar begünstigend für Putins Wiederwahl. Schon lange wissen die meisten repräsentativen Russen: wenn der Westen Gift und Galle spuckt, ist das ein Indiz dafür, dass sich ihr Land auf dem richtigen Weg befindet. Gibt es Applaus, ist Vorsicht geboten.