Sonntag, 2. Februar 2014

Klitschko, das falsche Pferd der deutschen Bundesregierung

Schon im Dezember machten Meldungen die Runde, die Bundesregierung möchte Vitali Klitschko zum Präsidenten der Ukraine aufbauen. Niemand macht einen Hehl aus den bestehenden "engen Verbindungen" zwischen Klitschko und dem deutschen politischen Establishment und auch bei den deutschen Medien ist das verstärkte Bemühen unübersehbar, Klitschko (entgegen den aktuellen Realitäten) als DEN Führer der ukrainischen Opposition darzustellen. Auf der Münchener Sicherheitskonferenz stärkten die Deutschen in Person von Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen Klitschko demonstrativ den Rücken. In einer Parteinahme, die man seitens Russland sofort als "unzulässige Einmischung" verteufeln würde, sieht man für sich selbst kein Problem.

Die ganze Mühe der Bundesregierung könnte allerdings für die Katze sein. Bei Klitschko besteht das Problem, dass ein Präsidentschaftskandidat laut ukrainischer Verfassung die letzten zehn Jahre in der Ukraine gelebt haben muss. Klitschko, der in den USA und Deutschland lebt, erfüllt diese Forderung nicht. Ein Verwaltungsgericht in der Ukraine hat bereits bestätigt, dass diese Regelung auf Klitschko zutrifft. Doch möglicherweise hoffen seine Förderer darauf, die bestehenden Gesetze ebenso mit Leichtigkeit abschaffen zu können, wie man bereits die Gesetze zum strengeren Demonstrationsrecht durch Erpressung abschaffte, obwohl diese weitgehend dem geltenden europäischen Recht entsprachen. Es gab bereits genug Beispiele, in denen politische Zweckmäßigkeit aus Sicht des Westens und der ukrainischen Opposition wichtiger war, als irgendwelches Recht, Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit.

So stört es auch niemanden im Westen, dass Klitschko ein politisches Bündnis mit den Nazis aus der Swoboda-Partei und dem gewaltbereiten Rechten Sektor pflegt oder dass er, wohlwissend um seine westukrainische elektorale Zielgruppe, den Nazi-Kollaborateuren der UPA-Armee seinen hohen Respekt bekundet. Allerdings kann Klitschko die rechten Schlägerbanden in der Praxis gar nicht zu kontrollieren, weshalb seine aktuellen Verhandlungen mit der Staatsmacht in einer Sackgasse stecken. Eine Räumung der besetzten Verwaltungsgebäude und ein Ende des Maidans könnte er beim besten Willen gar nicht durchsetzen.

Klitschko ist im Westen auch deshalb so als politische Figur beliebt, weil er eine gehorsame Marionette abgeben würde, die persönlich weder das Vermögen noch den Willen hätte, genuine ukrainische Interessen notfalls auch gegen den Westen durchzusetzen. Mit Klitschko kann man sich sicher sein, dass das leidige EU-Assoziationsabkommen mit der Ukraine in jeglicher Form bedingunslos unterschrieben würde, auch wenn das für die halbe Ukraine durch Industriesterben Arbeitslosigkeit und Massenarmut bedeutet.

Der politisch sehr plumpe, langsam denkende und nicht gerade als begnadeter Rhetoriker bekannte Klitschko könnte aber auch an seinem mangelnden Charisma scheitern. Bislang genoss er in der Ukraine Ansehen, das auf seiner Boxerkarriere gründete, doch dies gerät angesichts der rasanten politischen Entwicklungen und der komplett anderen Qualitäten, die bei einem Politiker gefragt sind, schnell in den Hintergrund. So könnte sich das Pferd, auf das die übermütige Bundesregierung setzt, während sie vom großen Bruder zu mehr außenpolitischer Initiative ermutigt wird, sich schnell als das falsche Pferd und ein Reinfall erweisen.


15 Kommentare:

Kuchi hat gesagt…

Das ist das Beste, was der Westen tun kann. Einen Boxer zum Präsidenten wählen. Die Polen haben ihrerzeit einen Elektriker zum Präsidenten gemacht, das war auch nicht viel besser. Auch wenn Walesa beim Demonstrieren gegen die Kommunisten damals nicht ganz so viele Schläge auf den Kopf abbekam, wie Klitschko, so war er doch auf der internationalen Bühne ein ausserordentlich peinlicher Präsident. Klitschko hat auch gar nicht den politischen und intellektuellen Weitblick, um objetiv das Beste für sein Land zu erreichen. Er liegt als Auslandsukrainer der Illusion auf, Verhältnisse wie in Deutschland schaffen zu können, ohne zu verstehen, wie sehr sich diese Länder kulturell und technologisch unterscheiden. Und aus Imparität erfolgt nun mal stets ein Abfluss an Werten vom Ärmeren, Dümmeren, Naiven, weniger Leistungsbereiten zum Stärkeren, Reicheren, Klügeren Partner hin. So wie das Geld immer zu denen strömt, die schon welches haben. Das ist ein Naturgesetz. Und das wissen auch die Akteure Westen. Am Anfang gäbe es schon einen Boom, weil man die Ukrainer fast umsonst in den Fabriken arbeiten lassen könnte. Es werden neue Strassen gebaut, usw. usf. Aber irgendwann kommt dann die Rückzahlung, egal ob in 10 oder 20 Jahren. Die Ukraine wird, genau wie Polen niemals eine ausgeglichene Handelsbilanz vorweisen können. Polen hatte seit der Wende noch nicht einmal eine positive Handelssbilanz. Die Regierung muss dann zu Deckung der Defizite jedes Jahr kräftig privatisieren, also das staatliche Eigentum an Westfirmen verschleudern. Das geht eine ganze Zeit lang und alle glaube, es geht aufwärts. Irgendwann gehört ihnen dann die gesamte Ukraine und damit im Prinzip auch durch Einflussnahme und indirekte Erpressung die politischen Akteure im Land. So ein Klitschko ist genauso naiv, wie die ungestümen Massen, die alle nur ein besseres Leben führen wollen, egal wer es ihnen nun finanziert.

Kuchi hat gesagt…

Das Wunder an der Weichsel, nicht einmal eine Nullnummer, irgendwann kommt die Rechnung:

http://szczesniak.pl/files/Bilans_handlu_zagranicznego_Polski_1929-2009%2Btabela.jpg

http://szczesniak.pl/files/bilans-handlowy-polski-2012-NBP-502.jpg

Anonym hat gesagt…

Die Unterstützung Klitschkos hat nur den Zweck Russland auf den Pelz zu rücken. Die Ukrainer sind den transatlantischen Brandstiftern so egal, wie die Flüchtlinge aus Afrika, die man im Mittelmeer ersaufen lässt.

Mach doch mal einen Beitrag über die aktuelle anti-russische Kampagne in den deutschen Staatsmedien!

Da vergeht kein Tag ohne eine "Reportage" über "Putins Spiele".
Der Inhalt ist immer der Gleiche, angebliche Korruption, Terrorgefahr, ausgebeutete Arbeiter, Doping, etc.

Mit MediathekView kannst du bequem alle Beiträge aus den ÖR durchforsten und eine Liste erstellen: "Road to Sotschi" oder so...

Mit so einer Liste würde die Hetz-Kampagne als solche sehr gut visualisiert.

Anonym hat gesagt…

Was ich überhaupt nicht verstehe, ist: Warum um Himmels Willen ist der (pro-russische) Osten des Landes nur so - ja, man muss fast sagen - apathisch?!?!

Es scheint doch so, als ob sie gewaltsam dem EU-Moloch einverleibt und ihre Industrie geschlachtet werden soll. (neben der Landwirtschaft des Westens, aber die wollen es scheinbar nicht anders!) Von ihren Menschen- oder Bürgerrechten ist nie die Rede, man weiß nicht mal, ob ein Pro-Russischer bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen überhaupt noch zu kandidieren (geschweige denn zu gewinnen! und das auch durchzusetzen!) gedenkt.

Mir fallen eigentlich nur drei mögliche Erklärungen ein:
a) Die Ost-Ukrainer sind auch nicht so schrecklich intelligent und weitsichtig, ...
b) sie sind schlecht organisiert (evtl. verraten von Janukowitsch selbst), bzw. können aus sonstwelchen Gründen nicht besser kämpfen, oder ...
c) die Sache wird doch nicht so heiß gegessen, wie sie heute gekocht zu werden aussieht.

Was ist Ihre Meinung, Herr Unbequemer?

Um ganz ehrlich zu sein: wenn es wirklich diesmal ums Ganze geht, kann ich mir absolut nicht vorstellen, dass Putin so gelassen (angeblich auf die Spiele konzentriert) sein sollte, wie er derzeit aussieht (aussehen gemacht wird).

Aber auch da weiß man nie so genau, was ist Schein und was ist Sein.

Nein, als denkender und normal empfindender Mensch hat man's wirklich nicht leicht in diesen Jahren (der hochkriminellen Konkursverschleppung und Kriegführung gegen alles Anständige in der Gesellschaft).

Schön, dass Sie wieder schreiben, Herr Unbequemer.

M.B.

der unbequeme hat gesagt…

Hallo M.B.,

die Ostukrainer haben in der Tat eine sehr schwach ausgeprägte nationale Identität. Sie haben zwar die russische Alltagskultur, bekamen aber sowohl in der Sowjetzeit, als auch in den letzten 23 Jahren immer wieder eingetrichtert, sie seien Ukrainer. Vielfach handelt es sich auch nicht um eine seit Jahrhunderte angestammte Bevölkerung, sondern um eine regional entwurzelte Arbeiterbevölkerung, die im 20. Jahrhundert aus vielen Teilen der UdSSR in die Industriegebiete der Ostukraine kam. Für sie ist das Leben in einem ukrainischen Staat, in dem eine gut organisierte fremde Ideologie tonangebend ist, eine komplett neue und verwirrende Situation. Die Bildung eines eigenen Selbstbewusstseins dauert sehr lange. Hinzu kommt, dass Russland sich bislang scheute, seine Soft Power im größeren Maße einzusetzen. Außerdem haben die Ostukrainer keine wirklich adäquate politische Repräsentanz, denn die Partei der Regionen, die sich immer als Gegenmacht zum westukrainisch-nationalistischen Druck inszeniert, ist in Wahrheit eine Partei der Oligarchen und der korrupten Beamten.

Möglicherweise werden aber die aktuellen Entwicklungen endlich etwas an dieser unglücklichen Situation ändern. Sowohl im Selbstbewusstsein der Ostukraine, als auch in den Reihen der Partei der Regionen. Es gibt da einen neuen Shooting Star namens Oleg Zarjow, den ich für sehr klug und perspektivreich halte. Möglicherweise wird die Partei der Regionen sich dazu durchringen, diesen strategisch denkenden prorussischen Mann anstelle von Janukowitsch als Präsidentschaftskandidat zu nominieren.

Viele Grüsse

Der Unbequeme

Stirlitz hat gesagt…

Ein Ersatz für den dubiosen und uncharismatischen Janukowitsch wäre dringend nötig. Er liefert seinen Gegnern selbst die besten Argumente!

scheka hat gesagt…

der unbequeme ich weiß das es hier nicht rein passt aber da muss amn gegen so einehttp://www.bild.de/politik/ausland/olympiaden/spionieren-die-russen-in-sotschi-ihre-gaeste-aus-34572632.bild.html volksverhetzung vorgehen das ist gegen den paragrafen alein die aussagen in dem text sind ungaublich es sind nicht mal aussagen es sind unterstelungen wie man an der überschrieft sehen kann

Anonym hat gesagt…

Endlich ein Lebenszeichen von der Partei der Regionen - und die erste Erwähnung dieses Namens, Oleg Zarjow, in einem Massenmedium, die ich fand.

http://de.ria.ru/politics/20140213/267828491.html

Was ist bloß dieser Janukowitsch für ein sonderbarer Kauz?! Oder taktiert der in einem für unsereinen (mich) nicht mehr nachvollziehbaren Maß? Auch Korrupte haben doch normalerweise mehr persönliche Ambition? Und selbst wenn er "ausgesorgt" zu haben meint, hat er nicht mal Angst, dass eine neue pro-westliche Regierung sein von ihm an Timoshenko statuiertes Exempel erwidern könnte?

M.B.

Anonym hat gesagt…

Jetzt mache ich mal die Merkel-Nummer. Erst kommentieren, wenn schon klar ist, wie es läuft...
So ganz klar ist es ja nicht, weil
- die USA Klitschko nicht für die kommende Regierung eingeplant haben, wahrscheinlich ist er zu deutsch-lastig. Und ausserdem fuck...
- es deswegen nun den Krisengipfel Merkel-Klitschko in Berlin gibt. Was kann sie ihm Anderes sagen, als dass im Zweifel immer Paragraph 1 gilt, siehe oben.
- es hoffentlich noch das Fernseh-Duell geben wird. Das wird dann etwa so wie ´mein Kanzler-Kandidat kann kein richtiges Deutsch´
Stay tuned.

Anonym hat gesagt…

Heute die Wende: Angela Merkel hat Klitschlo und Jazenjuk bestätigt, dass sie ganz tolle Jungs sind. Aber dass leider die US-Regierung schon festgelegt hat, wer die nächste Regierung der Ukraine sein wird.

Kuchi hat gesagt…

Es geht weiter, die Agitatoren heizen die Stimmung auf:
http://www.youtube.com/watch?v=nTc6pb6-0Fo

Anonym hat gesagt…

Update:
WELT: Polizei stürmt Unabhängigkeitsplatz in Kiew (Maidan?)
ntv: 19.39:Demonstranten werfen Molotow-Cocktails
Focus: Demonstranten wehren sich mit Feuerwerkskörpern
Süddeutsche: Demonstranten werfen Feuerwerkskörper
Wenn´s nicht so traurig wäre: ROFL

Anonym hat gesagt…

Nehmen sie mal bitte den Spiegelfechter aus der den Blogempfehlungen raus. Ein Blog der solche leute wie LemmyCaution, Herr Karl und jetzt auch noch Klaus Jarchow ständig ihren durchschaubaren Sermon unter die Themen posten lässt, der ist nicht mehr empfehlenswert.

Anonym hat gesagt…

@ Nr. 13: Das Autorenteam von Lemmy Caution ist ebenso wie die allseits bekannte Trollbrigade bei SPON.DE nur der beste Beweis, wieviele (verzweifelte) Lohnschreiber die USA in Lohn und Brot hält.

Anonym hat gesagt…

https://www.facebook.com/photo.php?v=600280356726541&set=vb.541966935891217&type=2&theater

Gruß
Gondo