
Der russische Präsident hat offiziell die Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien anerkannt. Damit hat er die vorangegangenen Warnungen und Drohungen westlicher Staatschefs ins Leere laufen lassen. Besonders die deutsche Heuchel-Angie lief im Vorfeld zur Höchstform der Doppelmoral auf. Mit ihrer rührenden Sorge um das Prinzip der territorialen Einheit, das sie selbst vor wenigen Monaten im Fall Kosovo unbeirrt und ungeachtet russischer Warnungen mit Füssen trat, ließ sie das Herz der ratlosen heimischen Transatlantiker kurz höher schlagen. Mit unverdecktem Stolz verkündeten die Medien, wie Frau Miesmund ihre rituellen "deutlichen Worte" gegen Russland richtete und "härtere Gangart" androhte. Dass sie nicht im Namen der Mehrheit spricht, interessiert schon lange nicht. Wen kümmert, dass drei Viertel der Deutschen diese
Entrüstung ungerechtfertigt finden und auch in Sachen
Friedensgefahr vor allem andere Länder vorne sehen? Doch nicht die deutsche Bundeskanzlerin und die in Politik und Medien dispropotional dominierende Transatlantiker-Mafia.
Doch wie ernstzunehmend ist Merkels Schneiderei düsterer Grimassen? Was kann sie Russland wirklich entgegenstellen? In Wahrheit ist der Westen heute abhängiger von Russland, als es umgekehrt der Fall ist:
1) Der Westen braucht Russland in der Iran-Frage, da er sich ohne russische Kooperation jedes rechtlichen und des meisten diplomatischen Spielraums beraubt.
2) Der Westen braucht Russland in der Nahost-Frage, da nur Russland Diskussionskanäle mit der Hamas bietet.
3) Ohne Einbeziehung Russland sind jegliche Projekte zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen nutzlos. Dies ist ein zentraler Bestandteil der Sicherheitsinteressen des Westens.
4) Ohne russische Energieressourcen, vor allem Erdgas, bricht in Europa ziemlich schnell der Alltag und die Wirtschaft zusammen. Alternativen gibt es nur im Iran, Infrastruktur dafür gar keine.
5) Amerika muss befürchten, dass Russland seine immensen Währungsreserven von einer halben Billion Dollar in eine andere Währung tauscht. Dies würde eine weltweite Dollarkrise auslösen, die wirtschaftlichen Konsequenzen für Amerika wären äußerst schmerzhaft.
6) Nach der vorzeitigen Einmottung der Space Shuttles müssen sich die USA und Europa mit Russland verständigen, wollen sie nicht ihre sämtlichen Weltraumprojekte verlieren. Russland bleibt über eine noch nicht absehbare Zeit hinaus das einzige Land, das zur bemannten Raumfahrt fähig ist.
7) Sollte Russland westlichen Militärs den Transit und die Benutzung seines Luftraums wieder untersagen sowie Kirgisien zur Schließung der letzten in Zentralasien verblieben US-Basis bewegen, die dort gerade noch geduldet wird, würde das die NATO in Afghanistan vor große Logistikprobleme stellen und den ganzen Einsatz an den Rand des Scheiterns bringen.
Die spärlichen westlichen Sanktionsmöglichkeiten haben dagegen kaum noch Wirkung und kommen sogar noch als Boomerang zurück. Die amerikanische Ankündigung, Russland den Zugang zur WTO zu erschweren, registrierte Russland mit gleichgültigem Schulterzucken. Es hat daraufhin einfach alle nachteiligen Vereinbarungen aufgehoben, die es für die WTO abschloss und bisher einseitig erfüllte. So verloren die USA ihre privilegierte Stellung auf dem russischen Markt für Geflügel, wo es eine 74%-Importquote für ihre Dumpingproduktion zweifelhafter Qualität besaß (im Volksmund "Bush-Beinchen"), die viele russische Produzenten erdrückte.
Jedes andere Drohpotenzial hat der Westen bereits verloren oder umgesetzt (Raketenabwehr in Polen). Damit kann er gegen Russland kaum etwas zusätzliches in die Wagschaale werfen, was Russland erschrecken könnte. Der Ausschluss Russlands aus der G8, wie ihn das aggressive Fossil John McCain fordert, würde den Einfluss Russlands aufgrund dessen existenzieller Wichtigkeit überhaupt nicht einschränken. Vielmehr würde dadurch dieses Format, im Rahmen dessen schon lange nichts Wesentliches mehr entschieden wird, noch weiter entwertet werden. Die NATO-Aufnahme der Ukraine würde viel schmerzhafter verlaufen, als der Westen es glauben möchte. Die Mehrheit der Bevölkerung steht diesem Vorhaben ablehnend gegenüber. Sollte die Ukraine nun im Schnelldurchlauf zur Bestrafung Russlands in die NATO gezerrt werden, könnte das massive Unruhen und eine Spaltung des Landes bedeuten, die eher Russland zugute kommt, als dem Westen.
Medvedev hat mit seiner Entscheidung, die Rücksicht auf die westliche Drohungen und Doppelmoral endlich fallen zu lassen, einen historischen Schritt vollzogen. Mit der Anerkennung der Unabhängigkeit beiden Kaukasus-Regionen als Staaten hat er in Wahrheit die Unabhängigkeit Russlands verkündet. Diese war seit beinahe zwanzig Jahren aus Angst, den Westen zu verärgern, stark eingeschränkt. Russland ist dieser gebeugten Lage müde geworden, vor allem seit der Kaukasus-Konflikt anschaulich demonstrierte, dass es selbst im offensichtlichsten Fall nie mit dem Verständnis des Westens rechnen kann. Es hat erkannt, dass es vergeblich ist, um seinen Ruf im Westen zu bangen, da dieser per Definition immer niedergehalten werden wird und Russland konstant als Feindbild herzuhalten hat. Mit einer wohltuenden Gleichgültigkeit befreit sich Russland nun von hemmenden Fesseln, atmet auf und macht einfach, was es moralisch für richtig hält.
Dass seine Autorität und Abschreckung keine Wirkung mehr hat und ihm die Kontrolle über Russland entgleitet, wird dem Westen gerade schmerzlich bewusst. Hinter all der harten Rhetorik, die eine Merkel oder eine Rice ihrer heimischen Elite (nicht Bevölkerung!) schuldet, verbirgt sich große Unsicherheit und die innere Frage, ob man es mit der Mißachtung Russlands all die Zeit nicht zu weit getrieben hat. Zurück bleibt, wie ein russischer Besucher beim Übersetzungsportal ausländischer Presse
InoSMI.Ru richtig schrieb, nur eines:
"
Die würden uns in jedem Fall mit Dreck vermischen, egal wie wir uns im Kaukasus verhalten hätten. Hätten wir nicht eingegriffen, würden sie uns verhöhnen und sich vor Lachen krümmen. Zumindest haben sie nun nichts zu lachen."