Bereits auf dem Maidan musste einem neutralen Beobachter angesichts der maßgeblichen Beteiligung der rechtsradikalen Kräfte einerseits und der korrumpierten Oligarchenclique andererseits starke Zweifel an der demokratischen Motivation des Umsturzes aufkommen. Was seit dem verfassungswidrigen Umsturz in der Ukraine stattfindet, übertrifft jedoch an Verletzung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde so ziemlich alles, was unter Janukowitsch noch denkbar war. Im folgenden gibt es eine kleine Zusammenfassung ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Kämpfer des rechtsradikalen Bataillons Asow marschieren durch Kiew |
2) Die um sich greifende Gesetz- und Straflosigkeit wurde nicht erst beim Pogrom von Odessa deutlich, als die tödliche Menschenhatz, die offiziell knapp 50 Menschen das Leben kostete, inoffiziell jedoch über 200, nicht nur möglich gemacht wurde, sondern anschließend in einer zynischen Art und Weise überhaupt nicht geahndet wurde. Völlig willkürlich wurden Aktivisten, die für mehr Föderalismus eintraten, in Odessa, Charkow, Nikolajew und anderen Städten verhaftet und entführt. Viele von ihnen bekamen durch überzogene Anklagen jahrelange Gefängnisstrafen, viele verschwaden aber auch spurlos und sind vermutlich Opfer von gewaltsamen Ermordungen durch ukrainische Nationalisten geworden. Selbstverständlich geht heute diesen Fällen niemand nach.
Verwüstung der russischen Botschaft in Kiew |
4) Das völlig hemmungslose militärische Vorgehen Kiews gegen die Separatisten, bei dem Wohngebiete beschossen werden und gezielt die regionale Infrastruktur zerstört wird, hat überhaupt keine rechtliche Folgen. Zahlreiche Fälle von Misshandlungen, Schüsse auf Flüchtlingsautos, die häufige Nichtgewährung von Fluchtkorridors, das Fehlen von humanitärer Hilfe, Einsatz von verbotenen Phosphor- und Streubomben sind nur einige wenige Zeugnisse von Kiews absoluter Verachtung von demjenigen Teil seiner Bürger, die den Umsturz nicht akzeptieren wollen. Insgesamt liegt die Zahl ziviler Opfer in der Ostukraine mittlerweile bei mehreren Tausend Menschen, die allermeisten davon sind Kiews Artilleriebeschüssen und dem anarchischen Treiben rechter Banden zu verdanken.
Eine Frauenleiche im Massengrab nach dem Rückzug der Nationalgarde |
6) Verletzungen von Redefreiheit, Verfolgung und Einschüchterung von Journalisten. Bald nach dem Umsturz wurden die russischen Sender in den ukrainischen Kabelnetzten verboten. Im Zuge der Militäraktion im Südosten wurden zahlreiche russische Journalisten entführt und der Spionage angeklagt. Sie wurden verprügelt und mißhandelt, einige wurden Opfer gezielter Morde durch Minenbeschuss. Mindestens sechs russische Reporter und Fotografen sind ums Leben gekommen. Aber auch nicht linienkonforme ukrainische Journalisten wurden Opfer von Verfolgungen. So wurde beispielsweise die Redaktion der kritischen Zeitung "Vesti" zunächst von Schlägerbanden attackiert und demoliert, später von SBU-Agenten durchsucht, weil sie vermeintlich den Separatismus unterstützte. Zahlreiche Zeitungen mussten nach Drohungen schließen, wie etwa die ehemals einflussreiche prorussische Ausgabe "2000". Vor wenigen Tagen bekam der kritische Journalist und Video-Blogger Anatoli Scharij, der inzwischen in den Niederlanden lebt und durch regelmäßige Aufdeckungen ukrainischer Medienpropaganda bekannt wurde, öffentliche Morddrohungen von Kolomoiskis rechter Hand Boris Filatow. Als Ergebnis der Einschüchterungen ist die ukrainische Medienlandschaft heute völlig gleichgeschaltet, die meisten Gegner der Revolution gelten unisono als Terroristen und Separatisten gebrandmarkt. Der ukrainische Normalbürger wird heute mit Tonnen von hysterischsten und abstrusesten Lügengeschichten überschüttet.
Brandmal auf dem Körper eines von den Rebellen befreiten Gefangenen |
eine mögliche russische Staatsbürgerschaft geäußert hatte.
8) Verfolgung von religiösen Gruppen. Gläubige der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats haben es aktuell nicht leicht. Anhänger des Rechten Sektors hatten versucht, das Kiewer Höhlenkloster zu erstürmen und griffen eine Kreuzprozession der Gläubigen an. Schon lange versucht das Kiewer Patriarchat das historische Heiligtum unter seine Kontrolle zu bekommen. Die Erstürmung scheiterte am entschlossenen Eingreifen der Mönche und der Polizeitsperre. Bei Kiew wurde ein Gottesdienst des MP von der Swoboda überfallen, ein Priester mit Farbe bespritzt und bedroht. In Odessa mussten Geistliche des Moskauer Patriarchats nach Drohungen das Land verlassen.
All diese Zeugnisse von Willkür, Straflosigkeit und Gewaltherrschaft mitten in Europa, die an die schlimmsten Erscheinungen der Balkankriege erinnern, finden in den westlichen Medien keine Erwähnung. Der hohe moralische Anspruch und die vorgebliche Sorge um Demokratie und Menschenrechte verfliegen schnell, wenn das geopolitische "Freund-Feind-Schema" dagegen spricht. Das russische Fernsehen, dass diese Dinge thematisiert, wird stattdessen pauschal als Propaganda verschrien.