Die meisten Ukrainer sind zurecht enttäuscht von der abgewürgten Wirtschaft, der Nicht-Umsetzung der Versprechen vom Kampf gegen die Korruption. Nicht zuletzt auch von der Diskriminierunspolitik gegen die russische Sprache und dem rücksichtslosen Drängen in die NATO, obwohl soziologische Umfragen zeigen, dass um die 70% der Bevölkerung dagegen sind. Die meisten erkennen jetzt, dass anstelle einer früheren korrupten Clique lediglich eine weitere gekommen ist, deren Appetit im Gegensatz zur alten wieder von Null an gesättigt werden musste.
Ganz interessant ist in diesem Zusammenhang mal wieder die Verlogenheit der westlichen Presse. Auch wenn man aufgrund offensichtlicher Mißstände nicht um die Kritik an Juschtschenko herumkommt, so ist die Berichterstattung weiterhin von dumpfen Vorurteilen und plumper Propaganda gegen seinen Opponenten Janukowitsch und einer fortgesetzten Stilisierung Juschtschenkos als tapferen Demokratie-Helden geprägt. Was ist allein schon dieser Artikel wert. Es bleibt ein simplifizistisches Reliktdenken aus den Zeiten des Kalten Krieges, in dem jeder vermeintliche Freund Russlands von vornherein teuflisch und jeder Westen-Huldiger der strahlende Held ist, sei er noch so inkompetent und führungsschwach.
Die ukrainische Elite beider Seiten täte gut daran, endlich zu akzeptieren, dass die Ukraine ein kulturell tief gespaltenes Land ist, dessen Zusammenhalt höchst brüchig ist. Deswegen sind alle Versuche, das Land außenpolitisch gegen den Willen einer der Bevölkerungshälften in eine Richtung zu zerren, äußerst gefährlich. Die streitenden Parteien sollten sich auf der Basis des Ausgleichs und der geopolitischen Neutralität des Landes arrangieren. Die Ukraine hat endlich ein paar ruhige Jahre für eine stabile Entwicklung verdient.
Was die Ukraine heute vor allem braucht, um aus ihrer Misere rauszukommen, ist stabiles Wirtschaftswachstum statt leerer und untätiger Demokratie-Rhetorik. Und kommt der Wohlstand, kommt automatisch auch die Demokratie. Das haben die Russen erkannt, nachdem sie in den Neunzigern die Turbulenzen durchgemacht haben, die die Ukraine heute durchmacht. Unter anderem auch den Konflikt zwischen Präsident und Parlament. Leider wollen die Ukrainer nicht aus russischen Fehlern lernen, sondern unbedingt erst eine eigene blutige Nase mit allen möglichen Demokratie-Demagogen holen.
9 Kommentare:
Privet!
Ich habe Dein Weblog gerade "entdeckt" und bin gespannt auf weitere Beiträge!
Ach ja, jetzt hast Du den ersten Link zu "Der Unbequeme", ich habe Dein Weblog in meine Blogroll aufgenommen...
Hallo,
Vielen Dank für die Aufnahme! Ich werde hier öfters Beiträge posten und auch Dein Weblog besuchen.
Hallo aus Düsseldorf !
Auch ich habe Dich in meiner Blogroll aufgenommen. Wie Jürg freue ich mich auf weitere Beiträge und Gedanken.
Hallo,
auch hier bedanke ich mich für das Vorschuss-Vertrauen! Werde versuchen, mein Blog mit Inhalt zu füllen.
Wie isses denn so in Karlsruhe heute ? Ich habe von 12/86 bis ca. 12/89 in Karlsruhe gewohnt. Mein ältester Sohn wurde in Durlach geboren. Irgendwie vermisse ich den "Süden" schon etwas. Gibt's die alte Dragoner Kaserne (Kaiserallee 12b) noch ? Ach wie was das damals schön ....
Hallo,
leider habe auch ich Deinen vielversprechenden Blog erst heute aufgrund des Hinweises von Krusenstern entdeckt. Zunächst vielen Dank dafür, daß Du mich schon in Deine Linkliste aufgenommen hast; natürlich habe ich heute mit Deiner Seite das gleiche gemacht.
Auch von mir die besten Wünsche und viel Erfolg!
Mit vielem von dem,was Du geschrieben hast,magst Du recht haben.Aber was heißt "...Nicht zuletzt auch von der Diskriminierunspolitik gegen die russische Sprache..."?
Ich kann nichts verwerfliches dabei finden,daß in den Schulen des Landes die ukrainische Sprache Hauptfach und russisch Fremdsprache ist.Ist es nicht eher so,daß im Osten und Süden der Ukraine von einem großen Teil der russischstämmigen Bevölkerung ukrainisch abgelehnt wird?Das in diese Köpfe eben nicht reingeht,das die Ukraine kein Teil Russlands ist?
Ich wünsche Dir Erfolg mit Deinem Blog.
@ Sascha
es geht nicht darum, dass jemand die Ukraine als Staat nicht anerkennt. Es geht darum, dass die Bilingualität der Ukraine historische Tatsache ist. Und es geht darum, wie man mit dieser historischen Tatsache umgeht. In einem Staat wie Finnland ist Schwedisch, das von nur 6% der Bevölkerung gesprochen wird, die zweite Amtssprache. In der Ukraine dürfen dagegen bald nicht mal russischsprachigen Filme ausgestrahlt werden, obwohl es von mehr als der Hälfte der Bevölkerung im Alltag gebraucht wird. Es ist die größte Bevölkerungsgruppe in Europa, deren Sprache nicht anerkannt ist. Es geht darum, dass die Ukraine von anderen Staaten lernen sollte, was reife und zivilisierte Regelung der Sprachenfrage bedeutet.
@ Heribert Schindler
die Dragoner Kaserne kenne ich leider nicht, aber Karlsruhe ist wirklich eine sehr schöne Stadt zum Leben :)
Danke und schönen Gruß!
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