Montag, 26. November 2007

Die Magie des Wortes

Wer viele westliche Pressemeldungen und Medienberichte über Russland liest, dem könnte ein verbal-stilistischer Unterschied aufgefallen sein, wie im Grunde analoge Vorgänge und Sachverhalte beschrieben werden, wenn sie im Westen oder in Russland stattfinden.

Sind die USA oder die EU mit irgendeinem Aspekt der russischen Politik nicht zufrieden, wird berichtet, wie sie an Russland Kritik üben oder ihre Besorgnis äußern. Vor allem das Letzte klingt edel und weise. Die Wiedergabe von Putins Kritik am Westen wird dagegen in wesentlich unansehnlichere Vokabeln verpackt: Putin attackiert den Westen (optional: scharf) lautet da die gewöhnliche Schlagzeile. Auch vor Vokabeln wie wettern oder polternder Auftritt schrecken jene Medien oft nicht zurück, die sich als seriöse und führende Nachrichtenquellen verstanden wissen wollen. Die englischsprachigen Medien schreiben bei fast jeder Gelegenheit darüber, dass irgendein Ereignis den Kreml rasend macht (engl. enrages). Dabei weiß jeder, der Putin mal direkt Reden hörte, dass er immer sehr ruhig und sachlich redet und derartige Beschreibungen wohl kaum der Realität entsprechen.

Man stelle sich mal die umgekehrte Meldung vor: Wladimir Putin brachte den USA seine Besorgnis über den geplanten Raketenschirm nahe; das wütende Weiße Haus attackierte Russland scharf wegen XY. Schlecht vorstellbar? In der Tat. Und was lernt man daraus: die Russen haben nie legitime und ernstzunehmende Besorgnisse. Alles, was die Russen da so rüppelhaft von sich geben, ist ihrem ewigen Intrigenhang und dem Wunsch entwachsen, den Westen zu behindern. Der Westen liegt dagegen mit seiner Kritik immer richtig und der Beweis besteht schon mal darin, wie zivilisiert das geschieht... Die unterschwellige Beeinflußung beginnt bereits bei den Formulierungen.

Die Russland-Korrespondentin des ZDF, Britta-Hilpert, flimmert mehrmals wöchentlich über den abendlichen Fernsehbildschirm, um über die neuesten Fehlentwicklungen im Reich Putins zu berichten. Mit ihren Tücke entlarvenden Stimmintonationen vermittelt sie dem einheimischen Nachrichten-Konsumenten ihr enges Bild der russischen Politik. Nicht wirklich überraschend war, als sie beim Sprechen über Putins Kabinett das Wort Vasallen benutzte, ganz so als ob es eine bewußte und freiwillige Identifikation mit Putins derzeitigen Kurs nicht geben kann. Warum die Bush-Administration das Vasallen-Kriterium nicht erfüllt, bleibt unklar, fest steht jedoch, dass man auf derartigen Berichtstil in Bezug auf amerikanische Politik beim ZDF noch lange vergeblich warten kann.

Sogar die ach so gleichgeschalteten und unfreien russischen Staatsmedien würden sich nie derartige ausfallende Rhetorik erlauben, wie die öffentlich-rechtlichen Medien des "zivilisierten" Westens. Im Operieren mit den Klischees des Kalten Krieges ist ihnen der Agitprop des Westens heute deutlich überlegen. Und auch was den Pluralismus anbetrifft, sind die westlichen Medien den russischen kaum noch voraus, findet man doch alternative Standpunkte auch im Westen fast nur noch im Internet, während die großen Nachrichtendienste lieber voneinander politkorrektes Geblubbere abschreiben. Die oben genannten stilistischen Beispiele sind neben der Selektion negativer Sujets ein weiterer Baustein im Manipulieren der Massen. Das ist das Wenige, was mir spontan eingefallen ist. Beim Offenhalten der Augen kann jeder schnell auf eine viel längere Liste kommen.

Mittwoch, 21. November 2007

Der Stein des Anstoßes

Die Russland-Politik entzweit auch weiterhin die deutsche Politikerlandschaft. Nachdem sich die beiden Altkanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder gegen eine künstliche Entfremdung gegenüber Russland aussprachen, schlugen in der sogenannten freien Presse die transatlantisch-politkorrekten Wellen ziemlich hoch. Erst hatte Helmut Schmidt zur differenzierteren Beurteilung von Vladimir Putin aufgerufen und die USA heute als gefährlicher für den Weltfrieden als Russland bezeichnet. Anschließend kritisierte Gerhard Schröder seine Nachfolgerin Angela Merkel und gewisse CDU-Kreise für eine Distanzierungspolitik gegenüber Russland.

Es folgten emotionale Brandreden von Amerika-Fans und wütende Reaktionen von konservativen Außenpolitikern. Die Unbeliebtheit ihrer dienerhaften US-Orientierung beim Volk spürend, brennt den Transatlantikern das Thema Russland und USA derzeigt regelrecht auf den Nägeln und verursacht erhöhten Rechtfertigungs- und Angriffsbedarf. Gabor Steingart (erster Link oben) überrascht mit einer selten simplifizistischen Darstellung, in der der Hinweis darauf, dass die USA "die älteste Demokratie der Welt" seien, bereits als das fast hinreichende Argument für Amerikas Ungefährlichkeit und Liebenswürdigkeit hingestellt wird. Das Wort "Demokratie" ist für manche Kommentatoren anscheinend eine heilige Kuh, mit der axiomatisch kein Militarismus und keine Aggressivität verbunden sein können. Putin gegenüber schallt von Steingart die bisher eindeutig nicht belegbare Kritik, er kenne keine Einschränkungen durch die Verfassung und das Volk. Im Großen und Ganzen propagiert Steingart wieder das Bild vom heldenhaften und gütigen Amerika, das einem dunklen und bedrohlichen Russland gegenübersteht.

Ein Bild aus dem Kalten Krieg, das die meisten Bundesbürger schon als überholt hinter sich ließen. Denn es ist bemerkenswert, zu beobachten, wie weit die Schere zwischen offiziellen Medien und der Meinung einfacher Menschen in außenpolitischen Fragen mittlerweile ist. Nach der berühmten Rede Putins bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007 ergab beispielsweise eine Umfrage von EMNID, dass beinahe 70% der Bundesbürger die Thesen dieser Rede (Amerikas Streben nach einer monopolaren Welt) unterstützen. Derartige Proportionen konnte man dem weitgehend empörten offiziellen Medienchor unmittelbar nach der Rede nicht entnehmen. Ebenso zeigten Umfragen eine Diskrepanz zwischen der Meinung der Menschen zu dem geplanten amerikanischen Raketenschild in Europa und den Angaben der offiziellen Medien, die meistens Amerikas mündliche Beteuerungen nachsprechen, der Raketenschild richte sich nicht gegen Russland. Wie weit entfernt sich die transatlantischen Führungskasten in Europa von den Wünschen und Sorgen der Bevölkerung mittlerweile bewegen, zeigt auch ihre Ignoranz der weitgehenden Ablehnung für US-Militärinstallationen bei osteuropäischen Bevölkerungen.

Ein besonders beliebtes Angriffsziel der transatlantischen Presse- und Politikersymbionten in Deutschland ist jedoch der Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Henryk M. Broder wirft ihm beispielsweise den Verrat deutscher Interessen zugunster russischer und privater Interessen vor. So, als ob dies die deutschen Interessen automatisch ausschließen würde. Wenn jemandem die deutsch-russische Zusammenarbeit in der Energiesphäre mißfallen könnte, dann wären das höchstens die USA, denn die dadurch geförderte Stärkung und vor allem die wachsenden Verbindungen der beiden Pole Europa und Russland können geopolitisch nur auf Kosten der USA gehen. Wer also gegen die Tätigkeit Schröders wettert, sollte sich fragen, ob er nicht vor allem selbst gegen die deutschen Interessen eintritt.

Schröders Schuss gegen Merkel ist mehr als berechtigt: die Außenpolitik Merkels ist bisher fast ausschließlich von wachsweichem politkorrektem Geblubbere und so gut wie keinen handfesten Ergebnissen zum Wohle Deutschlands geprägt. Den Vorschlag Putins, Deutschland zu einem gesamteuropäischen Distributions-Knotenpunkt für russisches Erdgas zu machen, schlug Merkel mit Rücksicht auf Washington aus. Stattdessen betreibt sie eine künstliche Distanzierung von Russland und schmälert damit das reichlich vorhandene Kooperationspotenzial. Ihre "wertegebundene Politik" (klingt toll, hat aber ein an den Haaren herbeigezogenes Fundament) lässt sie lieber mit kapriziösen und komplexbeladenen Ländern wie Polen liebäugeln, die Deutschland ungeachtet dessen weiterhin als Feind wahrnehmen.

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach erklärt die Kritik Schröders an Merkel mit dessen "grandiosem Versagen" in der Innenpolitik und dem jetzt eintretenden Neid. Solche Statement verursachen mehr als Verwunderung. Seit zwei Jahren hat Angela Merkel kaum etwas gemacht, außer sich in den Langzeit-Effekten der Reformpolitik Schröders (z.B. Agenda 2010) zu sonnen. Schröder war im Gegensatz zu ihr jemand, der in schwierigen Zeiten anpacken konnte, auch wenn die politischen Dividenden nun andere absahnen. Deswegen kann man dem aktuellen Treiben der ihn verhöhnenden Meute nur verachtend entgegenblicken.

Donnerstag, 15. November 2007

Die Balkan-Falle

Es nähert sich der Showdown rund um das Kosovo und mit ihm ein unausweichlicher neuer Höhepunkt der Spannungen zwischen dem Westen und Russland. Es kommen nämlich die willkürlichen Termine, die den Kosovo-Albanern auf amerikanisches Betreiben für Präsidentschaftswahlen (17.11.) nahegelegt sowie für das Auslaufen der Kosovo-Statusgespräche (10.12.) festgelegt wurden.

Bislang war es nur auf Russland zurückzuführen, dass das Kosovo nicht schon längst aus Serbien herausgerissen wurde. Angesichts der immensen historischen und kulturellen Bedeutung, die das Kosovo für Serbien hat, scheint kein anderes Verb für diesen international beispiellosen Vorgang angebrachter. Mit der Ablehnung des Ahtisaari-Plans (obwohl sich die eine Seite mit Händen und Füssen dagegen wehrte, wurde er in der Westpresse zynisch als "Kompromiss" gelobt) und der Ankündigung eines Vetos im UN-Sicherheitsrat nahm Russland der auf die Zerstückelung eines souveränen Landes abzielenden Politik schon im Vorfeld jede völkerrechtliche Legitimität. Doch die USA kündigten an, die Unabhängigkeit Kosovos in jedem Fall anzuerkennen, notfalls einseitig. Bis dahin sollen noch allenfalls Statusgespräche stattfinden. Da ihnen jedoch von westlicher Seite gar kein anderer Lösungsspielraum mehr eingeräumt wird und das Ergebnis schon feststeht, sind sie im Grunde zur Farce degradiert.

Der Fall Kosovo demonstriert sehr gut, wie wenig es in der heutigen Weltpolitik einheitliche Spielregeln gibt. Im Allgemeinen stehen sich zwei Prinzipien gegenüber - das der Unantastbarkeit der staatlichen Integrität und das des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Bislang gab die Weltgemeinschaft eher dem ersten Prinzip den Vorzug, würde doch die Flut an Separatismus die etablierten Staaten destabilisieren und die globale Sicherheit erschüttern. Doch spätestens seit der Klimapolitik weiß man, dass langfristige Konsequenzen die USA nicht sonderlich interessieren. Wie ein Schulhof-Rowdy, der sich unstrafbar vorkommt, betrachten sich die USA von allgemeinen Regeln unnötig beengt. Ein Land wie die USA benötigt zur eigenen Zielerreichung mehr Flexibilität. Das Land geht primär vom Prinzip der geopolitischen Zweckmäßigkeit aus und legt sich die Moral so zurecht, wie es sie gerade braucht. So wird in einem Fall ein bestimmtes Vorgehen durchgepeitscht, während in vergleichbaren Fällen eine diametral entgegengesetzte Position bezogen wird. Wie kann sonst erklärt werden, warum die Kosovo-Albaner ein Recht auf die Unabhängigkeit haben sollen, und die Serben in der serbischen Entität in Bosnien (Republika Srpska) ebenso wie Abchasen, Südosseten oder Transnistrier - nicht?

Klar ist, dass Russland bei diesem einseitigen Treiben kein gleichgültiger Zuschauer sein kann. Zwar ist Russland heute nicht stark genug, um in der internationalen Politik die Initiative zu erobern. Doch gegen allzu schamloses Vorpreschen der USA besitzt das Land unter Putin genug Reaktionsmöglichkeiten und vor allem Courage. Russland ist zwar nicht an der Zerrüttelung des bestehenden Prinzips der staatlichen Integrität interessiert, doch nach dessen Bruch durch die USA wird es keinen Grund geben, den de-facto unabhängigen Staaten auf dem GUS-Gebiet die Anerkennung zu verweigern. Das wiederum wird die Dämme für weitere Insurrektionen weich werden lassen, zum Beispiel auf der durch und durch russischen Halbinsel Krim.

All dies wird die USA zwangsläufig in Rage bringen und die gegenseitigen Spannungen bis zum Anschlag anheizen. Die geöffnete Pandora-Büchse wird jedoch nicht nur im GUS-Raum, sondern weltweit für Konflikte sorgen, für die die USA als Erstursache die Verantwortung tragen werden. Ob dies im Sinne des Machterhalts der USA mit ihrer derzeitigen Überforderung im Irak und Afghanistan ist, darf bezweifelt werden. In jedem Fall wird das Ergebnis des amerikanisch-russischen Tauziehens mehr als offen sein. Der Schuldige ist jedoch schon ausgemacht und die medialen Propaganda-Geschütze werden schon für die sich abzeichnene große Schlacht in Stellung gebracht.

Das Kosovo ist ein sehr ensthafter und unheilvoller Unterwasserstein der Weltpolitik und gerade als unabhängig denkender Beobachter sollte man genug Durchblick haben, den wahren Brandstifter in diesem Fall zu erkennen. Ein Weltkrieg ist bereits von Balkan ausgegangen. Muss heute für einen zweiten islamischen rückständigen Albanerstaat in Europa wieder ein großer Konflikt riskiert werden?

Donnerstag, 8. November 2007

Verwelkte Rosen folgen vergammelten Orangen

Ausnahmezustand in Georgien. Nach massiven Protesten von über 100.000 Menschen (in Relation zur kleinen Bevölkerung eine gigantische Zahl), die den Rücktritt des immer diktatorischer herrschenden Präsident Saakaschwili forderten, platzten dem letzteren die Nerven. Gewaltsam ließ er die von den Amerikanern ausgerüstete Polizei die Demonstranten mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen auseinander treiben, von Hunderten von Verletzten ist die Rede. Der Oppositionsführer Chaindrawa wurde verhaftet.

Die ganze Entwicklung scheint System zu haben. Ausgerechnet die drei Länder mit den "bunten Revolutionen" - Georgien, Ukraine und Kirgisien - kann man heute getrost als die instabilsten im postsowjetischen Raum bezeichnen. Die über westliche NGO-Netzwerke materiell und taktisch unterstützten und an die Macht gebrachten Machthaber bekamen bereits kurze Zeit später allesamt große Probleme. Die umfangreichen Versprechen der hellen Zukunft durch Korruptionsbekämpfung und Anlehnung an den Westen konnten nicht eingehalten werden und je höher die Wolken waren, in die sich die naiven armen Massen durch eine solche Rhetorik versetzen ließen, desto tiefer musste aus ihnen der Fall angesichts der darauf folgenden Realitäten erfolgen. Die Unfähigkeit, wenn nicht der Unwille, die alten Zustände ernsthaft zu verändern, ist indes kaum überraschend, unterscheiden sich doch die neuen Eliten in ihren Methoden und ihrer Sozialisierung kaum von den alten. Was sie gelernt hatten, ist lediglich, dass sich mit vordergründigen demokratischen Parolen das Volk prima um den Finger wickeln lässt. Danach fand lediglich eine Umverteilung der Macht statt und die gewohnte hastige Selbstbereicherung, solange die Möglichkeit dazu besteht.

Dazu muss ich sagen, dass mir die Georgier weniger leid tun, als die Ukrainer. Während in der Ukraine nur die Hälfte der Bevölkerung hinter dieser neuen Schleife des Elends stand, bekommen die Georgier die Quittung für das, wofür sie 2004 mit 97% (!) gestimmt hatten. Möglicherweise wird ihnen das für die Zukunft eine Lehre sein und sie werden bei Populisten, die sich am Lautesten in die Brust klopfen und als Demokraten bezeichnen, zumindest vorsichtiger sein.

Saakaschwili ließ gestern alle unabhängigen Fernsehsender abschalten und verkündete im Staatsfernsehen, dass hinter den Protesten "dunkle Kräfte aus Russland" stünden. Er habe Beweise für die Verstrickung russischer Geheimdienste in die Situation in Georgien, hat sie jedoch - wie konnte es auch anders sein - nicht näher präsentiert. Vielmehr wurde lang ausgeführt, was für Maßnahmen er bereits unternommen hat (Ausweisungen von Diplomaten, Abbestellen eigener Botschafter usw.) Dabei trafen sich die Oppositionsführer zuvor völlig offen mit dem amerikanischen Botschafter, ohne dass Saakaschwili dies in seine Rhetorik aufzunehmen wagte. Für die Amerikaner, die wahren Herrscher in Georgien, scheinen die Oppositionellen keine undenkbare Alternative zu sein. Doch Saakaschwili muss den Schein der Loyalität wahren, wäre er doch sonst völlig isoliert und dem Untergang geweiht.

Reflexartig bedient er sich des Universalfeinds Russland für seine beim Volk immer unglaubwürdigere Propaganda. Schon die ganzen letzten Jahren versuchte er immer, wenn es im Inland brenzlig war, die Aufmerksamkeit auf vermeintliche Zwischenfälle mit Russland zu lenken, seien es Luftraumverletzungen oder Grenzkonflikte mit russischen Friedenstruppen in Abchasien. Die ständigen unbewiesenen Behauptungen und inszenierten Provokationen wurden sogar der parteiischen OSZE zu lächerlich, so dass sie aufhörte, die Flut von Klagen der georgischen Führung zu untersuchen. Die neueste dreiste Behauptung, die Demonstrationen wären von russischer Seite initiiert worden, wies das russische Außenministerium kurz und prägnant als Hysterie ab.

Klar ist, dass man die eigene Unfähigkeit nicht ewig hinter der Anti-Russland-Propaganda verbergen kann. Irgendwann lassen sich die Menschen damit nicht mehr abspeisen. Das anfangs effektive Konzept der Revolutionäre ist das Konzept von Eintagsfliegen, ohne langzeitliches Potenzial. Enttäuschung, Wut und Proteste der Bevölkerung sind die gesetzmäßige Folge. Und während in der europäischen Ukraine wenigstens die gewaltsamen Lösungen für alle Seiten tabu sind, muss in Regionen wie dem Kaukasus oder Zentralasien ernsthaftes Blutvergießen befürchtet werden.

Nachdem die westlichen Funk- und Printmedien die riesigen Proteste zunächst weitgehend ignorierten, konnte ihre gewaltsame Unterdrückung nun nicht mehr verschwiegen werden. Der Politologe Alexander Rahr bezeichnet die aktuellen Entwicklungen als "große Überraschung" für den Westen, die man nun schwer kommentieren kann. Ungern und unbequemerweise beginnt nun die westliche Welt, sich mit dem Scherbenhaufen auseinanderzusetzen, der zuvor oft genug als Musterdemokratie lobgepriesen wurden. So spricht die französische Le Monde mittlerweile von den verwelkten Rosen von Tiflis. Viele weitere Ernüchterungen werden folgen, eine normale Folge des Lebens in einer Scheinwelt.